Eine großflächige, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte, Studie soll die aktuell gängige Brustkrebs-Nachsorgepraxis untersuchen. 100 Krebszentren nehmen an der von der Universitätsklinik Ulm initiierten langfristigen Studie teil – unter ihnen auch das Brustzentrum der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Freudenstadt. Die Erkenntnisse aus der Studie – so die Hoffnung der Initiatoren – könnten die Krebsnachsorge weltweit verändern.
Unter dem Titel „Survive“ vergleicht die Studie bei 3.500 Patienten mit Brustkrebs im Frühstadium die Standard-Nachsorge mit einer zu erforschenden intensivierten Nachsorge. Bei der intensivierten Nachsorge wird im Rahmen von Bluttests nach sogenannten Tumormarkern gesucht.
Bei den Tumormarkern handelt es sich um Substanzen im Blut, die bei Tumorerkrankungen in erhöhter Konzentration auftreten können. Forscher und Medizinier stellen sich die Frage, ob diese auf ein Wiederaufflammen von Brustkrebs oder das Auftreten von Fernmetastasen nach der Operation schließen lassen könnten.
„Falls durch die Studie bestätigt wird, dass Brustkrebs-Erkrankte von einer intensivierten Nachsorge profitieren können, wäre dies ein Paradigmenwechsel in der onkologischen Nachsorge", erklärt Dr. med. Peter Seropian, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Freudenstadt.
Klinikum Freudenstadt nimmt regelmäßig an Studien teil
Die Mitwirkung an wissenschaftlichen Studien ist nicht nur großen Kliniken vorbehalten. Auch am Klinikum Freudenstadt sind sie gängige Praxis. Die regelmäßige Teilnahme an wissenschaftlichen Studien gehört zu den Anforderungen an ein medizinisches Zentrum, aber nicht nur das. „Um als Zentrum zertifiziert zu werden, müssen mindestens 100 Patienten pro Jahr primäroperativ versorgt werden, erklärt Christina Böhringer, die als Study Nurse für die organisatorische Betreuung der Studien des Brustzentrums verantwortlich ist.
Vor dem Start einer wissenschaftlichen Studie erfolgt die Genehmigung durch eine Ethikkommission. Für die Survive-Studie in Freudenstadt soll diese im Laufe des Sommers erfolgen. Danach beginnt in Freudenstadt die Feldphase der Studie und interessierte Patienten können sich zur Teilnahme melden.
Erhebung erfolgt über zwei Fall-Gruppen
Für die Studie werden die Teilnehmenden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhält die Standard-Brustkrebsnachsorge, die zweite Gruppe erhält außerdem die zu erprobende intensivierte Nachsorge, bei der zusätzliche Blutproben entnommen und auf Tumormarker sowie zirkulierende Tumorzellen getestet werden. Die Studie selbst erfolgt im sogenannten verblindeten und anonymisierten Verfahren, das bedeutet, die Teilnehmenden wissen nicht, welcher Gruppe sie zugeteilt sind. Über Identifikationsnummern können jedoch die Proben den Patienten zugeordnet werden. „Sollten sich auffällige Werte bei der intensivierten Nachsorge zeigen, wird die Verblindung aufgehoben und die Patienten benachrichtigt“, erklärt Study Nurse Christina Böhringer.
Welche Patienten in die Studie aufgenommen werden können, entscheidet sich anhand eines Regelkatalogs. Um die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Forschungsergebnisse zu sichern, müssen für die Studie bestimmte Kriterien in Art und Verlauf der Krebserkrankung vorliegen. „Melden können sich aber alle Patienten, deren primäroperative Behandlung nicht länger als 24 Monate zurückliegt“, sagt Chefarzt Dr. Peter Seropian.
Betreuung der Teilnehmer erfolgt komplett in Freudenstadt
Die Tests und auch die damit verbundene medizinische Betreuung erfolgen vor Ort am Klinikum Freudenstadt. „Sollte jemandem die Teilnahme an der Studie zu viel werden, ist ein Ausstieg auch jederzeit möglich“, sagt Chefarzt Dr. Peter Seropian. Er ist aber optimistisch, dass sich am Klinikum Freudenstadt interessierte Patienten finden, die zur Teilnahme an der Studie bereit sind. Für die teilnehmenden Patienten entstehen keine Risiken, nur die Chance, durch Aufnahme in den Forschungszweig der intensivierten Nachsorge eine noch engmaschigere Betreuung zu erhalten. „Der Benefit für die Patienten ist die zusätzliche Kontrolle“, fasst Dr. Seropian zusammen.
Rekrutierungsphase läuft bis November 2024
Oberstes Ziel der Studie ist es, die Überlebenschancen der beiden Nachsorge-Verfahren nach einem Zeitraum von fünf Jahren zu vergleichen. „Die derzeit etablierten Nachsorgeverfahren wurden in den neunziger Jahren entwickelt“, erklärt Chefarzt Dr. Peter Seropian. „Mittlerweile haben sich jedoch die Überlebenswahrscheinlichkeit und die Behandlungsmöglichkeiten bei Krebserkrankungen deutlich verbessert. Deshalb wäre es ein Meilenstein, wenn sich aus der Studie klare Erkenntnisse für eine Aktualisierung der Krebsnachsorge ziehen ließen.“
Am initiierenden Klinikum Ulm hat die Survive-Studie schon im vergangenen Jahr begonnen. Die Rekrutierungsphase der Studie läuft bis November 2024. So lange können sich auch am Klinikum Freudenstadt Interessierte zur Studie melden. Die Gesamtlaufzeit der Studie, inklusive Erhebungen, Auswertung und Ergebnis-Ableitungen ist auf zwölf Jahre angelegt.
Anfragen zur Studie nimmt Study Nurse Christina Böhringer unter Telefon 07441/546332 oder per E-Mail an christina.boehringer@klf-net.de entgegen.